Mikrobiologische Therapie

Abbildung eines Stäbchenbakteriums in purpurfarben

Kurzbeschreibung

Die mikrobiologische Therapie ist ein Naturheilverfahren mit Hauptfokus auf die Darmgesundheit.

Unser Darm besteht als Organ nur aus einer einzelligen Schicht, wobei die Zwischenräume der einzelnen Zellen durch sogenannte Tight-Junctions – Desmosomen – zelluläre Haftstrukturen verschlossen sind. Diese öffnen sich nach einem komplexen Prozess, um Nahrungssubstanz aus dem Darmlumen in die Blutbahn zu übernehmen und verschliessen sich sogleich wieder. Dies wird auch als Resorptionsprozess bezeichnet. Über Schleim produzierende Zellen bildet der Darm eine zweischichtige Schleimschicht, wobei die erste auf den Zellen aufgelagerte Schleimschicht sehr zäh und kompakt ist und sehr viel weniger Bakterien beheimatet, als demgegenüber die äussere Schleimschicht. In der äusseren Schleimschicht befinden sich durchschnittlich 200 verschiedene Bakterienarten, die sogenannte Mikrobiota, die sich aber bei jedem Menschen individuell aus etwa 1000 verschiedenen Bakterienarten zusammensetzt.   

Jede Bakterienart hat Stoffwechsel bedingt spezielle Fähigkeiten und wirkt dementsprechend synergetisch bei der Gesunderhaltung unseres Darms mit. 

Mikrobiota Funktionalitäten:

• protektiv – Zell schützend

• immunmodulierend – Anpassungsbreite des Immunsystem 

• mukonutritiv – Schleimhaut ernährend

• ballaststoffabbauend – Zell ernährend – GABA- gamma-Aminobuttersäure

• neuroaktiv – Darm-Hirn-Achse antidepressiv 

• proteolytisch – Protein abbauend – Stoffwechsel störend

Folgende Faktoren können eine Verschiebung in der Zusammensetzung der Mikrobiota bewirken:

nachgewiesene Störgrössen:

• Süssstoffe/Zuckerersatzstoffe – Aspartam, Sacharin, Sucralose

• Alkohol 

• Emulgatoren – Carrageen

• bestimmte Antibiotika

• ASS – Acetylsalicylsäure

• Zigaretten 

• Weizen-Lektin & Gliadin

• Taurin/Sulfid

• Proteolyten

• LPS – Lipopolysaccharid

• Hyperglykämie

• Fruktose 

• Hitze

• chronischer Stress 

• pathogene Bakterien & Viren

verdächtigte Störgrössen:

• FODMAPs – Fermentable Oligo-, Di, Monosaccharides and Polyols

• Gluten aus Weizen, Dinkel, Gerste, Roggen & Hafer 

• ATI – Amylase-Trypsin-Inhibitoren – natürlicher enzymatischer Abwehrstoff von Getreidepflanzen gegen Pilze, Bakterien und Fressfeinde

• industriell behandelte Kuhmilch – UHT & Pasteurisation 

Kommt es zu einer Verschiebung in der Zusammensetzung der Mikrobiota im Darm, wird dies als Dysbiose bezeichnet. Häufig tritt dies im Dickdarm auf und hat zur Folge, dass die Dickdarmzellen nicht mehr ausreichend mit GABA – Gamma-Aminobuttersäure versorgt werden. Diese Form der Buttersäure ist aber essenziell für die Ernährung der Darmzellen und damit auch zur Aufrechterhaltung der Darmbarriere. Entsteht also in Folge der Dysbiose ein Ernährungsmangel der Darmzellen, kommt es zum sogenannten Leaky-Gut – undichter Darm, einer erhöhten Permeabilität der Darmbarriere. Parallel dazu wird vermehrt Zonulin ausgeschüttet und in der Folge bleiben die Tight-Junctions – Zellzwischenräume länger offen. Da die Öffnung der Tight-Junctions einem komplexen Prozess folgt und dabei physiologisch sehr selektiv Stoffe in die Blutbahn aus dem Darmlumen resorbiert werden, ist leicht verständlich, dass bei längerem Öffnungszustand der Tight-Junctions unkontrolliert Stoffe in die Blutbahn gelangen, die bei gesundem physiologischem Zustand gar nicht in die Blutbahn einströmen würden. Da nun der Organismus insbesondere unser Immunsystem auf diese Fremdstoffe, Antigene, mit einer Immunantwort reagiert, kommt es sehr häufig zur sogenannten Silent Inflamation.

Eine Silent Inflamation ist eine subchronische Entzündung, die anfangs zumeist wenig Probleme macht oder sogar über Jahre hinweg keine merklichen Beschwerden verursacht. Allerdings bestehen Hinweise darauf, dass verschiedenartige, komplexe Krankheitsbilder mit der Silent Inflamation assoziiert sind.

Silent Inflamation assoziiert:

• Adipositas

• Depressionen

• Insulinresistenz – pathologische Glukosetoleranz – Pre-Diabetes

• Diabetes Mellitus Typ 2

• nicht-alkoholische Fettleber – NAFL

• Müdigkeit

• Schlafstörungen

• Metabolische Entgleisung

Seit einigen Jahren besteht die Möglichkeit Dysbiosen und andere Verschiebungen der Mikrobiota anhand von Stuhlproben labortechnisch zu untersuchen und validiert zu messen. Dies gilt auch für die Silent Inflamation und den Zustand des Leaky-Gut.  

Stefan hat sich als Spezialist für Mikrobiologische Therapie ganz gezielt mit dem MVZ Institut für Mikroökologie GmbH in Herborn/Deutschland eine Partnerin ausgewählt, die sehr viel Erfahrung auf dem Gebiet der mikrobiologischen Analyse besitzt und gleichzeitig an einer Vielzahl von wissenschaftlichen Studien beteiligt ist. Die neueren Erkenntnisse aus der Forschung zur Funktionsweise der Mikrobiota des Menschen finden nur äusserst langsam ihren Weg zu den betroffenen Patienten im klinischen Umfeld der Medizin. Daher möchte Stefan sicherstellen, dass für die Menschen in seiner Praxis nach Möglichkeit die verwendeten Untersuchungs- und Diagnosemethoden den aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen.

Seit März 2022 ist Stefan Mitglied im Fachverband AMT – Arbeitskreis für Mikrobiologische Therapie e.V.

Mensch • Mikrobiom • Mikrobiota

Der erwachsene Mensch besteht aus etwa 1014 Zellen, das sind 100’000 Milliarden Zellen. Eine wesentliche Funktion des menschlichen Organismus ist die Zellerneuerung. Dabei sterben in jeder Sekunde mehrere Millionen Zellen ab und gleich viele werden neu gebildet. Zellen und Zellverbände, wie z.B. Muskeln, innere Organe, Drüsen oder Haut- und Schleimhaut, übernehmen im Körper unterschiedliche Funktionen. Auch im Zellinneren gibt es Bereiche unterschiedlicher Funktion, darunter den Zellkern mit dem Bauplan der Zelle, das Zytoplasma als Grundsubstanz und die Zellorganellen verantwortlich für den Zellstoffwechsel.

Interessanterweise ist die Bakterienanzahl in unserem Darm mit schätzungsweise 1014 Bakterien vergleichbar mit der Anzahl Körperzellen unseres menschlichen Organismus. Dabei verteilen sich die Bakterien auf einer inneren Oberfläche des Darms von 300 – 400 m2. Die Besiedlung von unterschiedlichsten Bakterien auf unseren inneren und äusseren Oberflächen wird mit dem Begriff „Mikrobiota“ beschrieben. Demgegenüber wird mit dem Wort „Mikrobiom“ die Gesamtanzahl aller Gene der Mikrobiota beschrieben. Das Verhältnis von Körperzellen zur Anzahl von Bakterien liegt etwa bei 1:1. Wohingegen das Verhältnis der Gen-Anzahl von Körperzellen zu Mikrobiom bei 1:50 liegt. Dies lässt erkennen, dass unser Körper mit einer sehr grossen Vielfalt verschiedener biologisch-genetischer Programme umgehen muss. Diese Aufgabe wird hauptsächlich von unserem Immunsystem erledigt.

Beispiele zu Formen von Bakterienklassen

Abbildung von drei verschiedenen Bakterienarten (Bacili / Cocci / Spirilli)

Bacilli        Cocci         Spirilli

Unser Immunsystem besteht aus einer Vielzahl unterschiedlicher, spezialisierter Zellen, die jede für sich eine eigene funktionelle Aufgabe besitzen. Unter anderem gibt es eine Art Scanner-Zellen, die sog. immunkompetenten T-Lymphozyten, die jede Zellstruktur darauf überprüfen können, ob es sich dabei um körpereigene oder körperfremde Zellanteile handelt. Die Erkennung funktioniert mittels Oberflächenmoleküle auf den T-Zellen, den sog. T-Zell-Antigenrezeptoren, welche auf Basis einer extrem grossen Variationsvielfalt von genetischen Merkmalen entstehen. Dieses Phänomen ist die Grundlage für Immunmodulation, und stellt somit die Lern- und Anpassungsfähigkeit unseres Immunsystems an neue, unbekannte Erreger in seinen Grundzügen dar.

Werden nun beispielsweise körperfremde Zellen, sog. Antigene, identifiziert, fängt die T-Zelle an, sich zu vermehren und Spezialzellen zu bilden, um das Antigen, den potenziellen Erreger, zu bekämpfen. Zu den Spezialzellen zählen die zytotoxischen T-Zellen, die T-Helferzellen und die Gedächtnis-T-Zellen. Unter den  T-Helferzellen gibt es zwei Varianten. Eine Variante aktiviert die Makrophagen, die auch als grosse Fresszellen bezeichnet werden. Diese lösen die Entzündungsreaktion aus, bauen das abgetötete Antigen ab und dienen als Signalgeber bei Virusinfektionen. Die zweite Variante der Makrophagen aktiviert die B-Zellen, sie wirken anti-entzündlich und unterstützen die Geweberegeneration. 

Diese sogenannten B-Lymphozyten sind eine weitere Klasse von spezialisierten Zellen des menschlichen Immunsystems. Sie sind im wesentlichen dafür da, Antikörper zu produzieren und stellen damit das humorale Immunsystem dar. Die Antikörper sind spezifisch für eine jeweilige B-Zelle, das heisst die B-Zelle hat sich mit der Form ihres Antikörpers auf einen Erregertyp oder eine Erregergruppe spezialisiert. Der Antikörper befindet sich auf der Oberfläche der B-Zelle und dient zur Erkennung des spezifischen Erregers. Wird dieser erkannt, aktiviert dies den Mechanismus der B-Zelle sich zu vermehren und aus sich selbst heraus Plasmazellen zu bilden. Diese Plasmazellen sind Produktionsstätten, in denen schnell und in hohen Mengen genau diese spezifischen Antikörper produziert und freigesetzt werden.

Antikörper sind grosse Proteine, die mit ihrer Form an den Oberflächen-Rezeptoren von Erregern anbinden können. Trifft der Antikörper auf einen Erreger und bindet sich an diesen, wird ein Reaktionsmechanismus aktiviert, der weitere Immunreaktionen auslöst. Dies hat zum Ziel, systematisch den Erreger zu markieren, abzutöten, abzubauen und aus dem Organismus zu entfernen. Bei einem neuen Erreger kann dieser Prozess bis zu einer Woche dauern. Daher fühlen wir uns am Anfang einer Erkrankung mit einem neuen Erreger häufig so schwach und müde.

Die Funktion unseres Immunsystems ist demnach äusserst komplex, stellt uns aber durch die grosse Vielfalt an Kombinationen ein autonomes Werkzeug zur Verfügung mit fast unendlich grossen Anpassungs- und Reaktionsmöglichkeiten. Wichtig ist das deshalb, weil sich der grösste Teil unserer Immunzellen in den Grenzflächen unseres Körpers befinden. Dazu zählen primär die Haut und alle Schleimhäute. In diesen Schleimhäuten gibt es das sogenannte mukosa-assoziertes lymphatisches Gewebe – MALT. Dabei handelt es sich um Ansammlungen von ortsständigen und gewebespezifischen B- und T-Lymphozyten in der Submukosa der Schleimhaut. Das MALT wird in weitere Untergruppen aufgeteilt.

Dazu zählen:

  • NALT – Nasen-assoziierte lymphatische Gewebe
  • BALT – Bronchus-assoziierte lymphatische Gewebe
  • GALT – Darm-assoziierte lymphatische Gewebe
  • VALT – Vagina-assoziierte lymphatische Gewebe

Im Zusammenhang mit der Mikrobiologischen Therapie spielt das GALT die wichtigste Rolle, weil in den Peyer’schen Plaques die grösste Anzahl von Immunzellen sitzt. Zudem stehen alle oben genannten Bereiche der Schleimhaut in einem ständigen immunologischen Informationsaustausch verbunden über das Lymphsystem. Immunologische Informationen oder Signale können sich somit unabhängig vom Ort des ursprünglich ersten Reizes auf den ganzen Körper auswirken.